Faktencheck zur Pocken-Ausrottung: Warum Tierpocken weiterhin eine Rolle spielen

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Faktencheck zur Ausrottung der Pocken: Warum Tierpocken weiterhin eine Rolle spielen

Zürich – Auch wenn die Weltgesundheitsorganisation (WHO) bereits 1980 die weltweite Ausrottung der echten Pocken bekanntgab, sorgen Schlagzeilen über vermeintliche „neue Pockenfälle“ für Verunsicherung. Dabei handelt es sich nicht um eine Rückkehr des tödlichen Variola-Virus, sondern um Tierpocken, sogenannte Zoonosen, die vereinzelt auf den Menschen überspringen und zunehmend Aufmerksamkeit erhalten.

Echte Pocken: Wie ihre Ausrottung möglich wurde

Die echten Pocken, medizinisch als Variola bezeichnet, gehörten zu den gefährlichsten Infektionskrankheiten der Menschheitsgeschichte und forderten allein im 20. Jahrhundert rund 300 Millionen Menschenleben. Erst durch eine konsequente weltweite Impfkampagne ab 1967 konnte das Virus eingedämmt werden. Am 8. Mai 1980 erklärte die WHO die Krankheit offiziell für ausgerottet – ein einzigartiger Erfolg.

Heute existiert das Variola-Virus nur noch in Hochsicherheitslaboren in den USA und Russland. Da nur Menschen als Wirte dienten und Infizierte sichtbare Symptome zeigten, konnten Infektionsketten gezielt unterbrochen werden. Eine einmalige Infektion oder Impfung bot darüber hinaus lebenslange Immunität – eine Kombination, die eine vollständige Ausrottung ermöglichte.

Tierpocken: Die unterschätzten Verwandten

Was viele nicht wissen: Obwohl echte Pocken ausgerottet sind, existieren andere Orthopoxviren, die in Tieren zirkulieren. Einige davon können auf Menschen überspringen. Diese Zoonosen werden oft fälschlicherweise mit den historischen Pocken in Verbindung gebracht, obwohl es sich um andere Erreger handelt.

Hier eine Übersicht aktuell relevanter Tierpockenarten:

  • Mpox (ehemals Affenpocken): Seit 2022 kam es weltweit zu Ausbrüchen – auch in der Schweiz. Heute gelten Nagetiere als wahrscheinliche Infektionsquelle. Es existiert ein zugelassener Impfstoff, zugleich wird die Mensch-zu-Mensch-Übertragung intensiv untersucht.
  • Kuhpocken: Früher bei Milchvieh weit verbreitet, heute sind vor allem Hauskatzen und Nagetiere Überträger. Die Erkrankung verläuft beim Menschen meist mild.
  • Alaskapocken: Seit 2015 bei Menschen in Alaska diagnostiziert, mit Rötelmäusen als möglicher Tierquelle. 2023 starb erstmals ein Patient – ein Indiz für die potenzielle Ernsthaftigkeit.
  • Laborbedingte Zwischenfälle: 2019 infizierte sich in den USA eine Laborantin durch einen gentechnisch veränderten Virus. Dies zeigt, dass auch unter strengen Bedingungen Risiken bestehen.

Warum diese neuen Pocken anders sind

Ein zentraler Unterschied: Tierpockenviren sind nicht an den Menschen angepasst. Sie übertragen sich nur bei sehr engem Kontakt – etwa über verletzte Haut oder Schleimhäute. Die Symptome sind meist milder, und eine massenhafte Ausbreitung wie bei echten Pocken ist derzeit unwahrscheinlich.

Dennoch besteht ein Risiko: Urbanisierung, Klimawandel und der zunehmende Kontakt zwischen Mensch und Tier begünstigen die Möglichkeit, dass sich Viren anpassen und besser auf den Menschen übertragbar werden.

Impfschutz als Prävention

Die historische Pockenimpfung schützt auch gegen viele andere Orthopoxviren. Geimpfte Personen – primär ältere Generationen – besitzen eine gewisse Immunität, etwa gegen Mpox. Für jüngere, ungeimpfte Menschen werden derzeit neue Impfansätze entwickelt.

Forschungseinrichtungen weltweit setzen auf die Überwachung zoonotischer Erkrankungen, um bei neuen Ausbrüchen frühzeitig reagieren zu können.

Fazit: Pocken bleiben – aber anders

Die echten Variola-Pocken gelten als ausgerottet – ein beispielloser Erfolg. Doch ihre tierischen Verwandten existieren weiterhin und können unter Umständen den Menschen infizieren.

Zur Risikominimierung wird empfohlen:

  • Kontakt mit Nagetieren und unbekannten Wildtieren vermeiden
  • Entwicklung und Bereitstellung von Impfstoffen gegen Tierpocken fördern
  • Schulungen und Aufklärung im Gesundheitswesen stärken
  • Internationalen Austausch über Zoonosen intensivieren

Die historischen Pocken sind Geschichte, doch ihre tierischen Erben mahnen zur Wachsamkeit.

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