Zürcher Kirche in der Kritik: Luxuswohnungen statt sozialer Wohnraum
ZÜRICH – In Zürich-Hottingen steht die reformierte Kirche im Zentrum einer hitzigen Debatte. Der Grund: Ein neu errichtetes Mehrfamilienhaus, das auf dem Gelände eines ehemaligen Pfarrhauses gebaut wurde, sorgt für Empörung. Statt wie ursprünglich angekündigt bezahlbaren Wohnraum zu schaffen, verlangen die Mieten nun Preise, die selbst für Zürcher Verhältnisse hoch sind.
Hohe Mieten trotz Versprechen von Fairness
Die Zahlen sprechen eine deutliche Sprache: Eine 2,5-Zimmer-Wohnung kostet 2650 Franken monatlich, eine 4,5-Zimmer-Wohnung sogar 4695 Franken. Der Mieterverband kritisiert: Diese Preise stünden in krassem Gegensatz zur ursprünglich genannten sozialen Zielsetzung. Die versprochene „Durchmischung“ – also ein Wohnraumangebot für verschiedene gesellschaftliche Schichten – bleibe aus.
Die Kirche hatte bekanntgegeben, im mittleren Preissegment bauen zu wollen. Doch das Ergebnis wirkt nun wie ein Rückschritt hin zu elitärem Wohnen.
Kirche verweist auf Baukosten und Nachhaltigkeit
Die reformierte Kirche weist die Kritik zurück und erklärt, es handle sich um sogenannte Kostenmieten. Diese decken lediglich Bauaufwand, Unterhalt und Investitionen – jedoch seien die ursprünglichen Kostenschätzungen stark überschritten worden.
- Herausfordernde Hanglage
- Entscheidung für ökologische Holzbauweise
- Grenzen beim Bauvolumen aufgrund örtlicher Bedingungen
- Ein Rechtsstreit, der zu Verzögerungen führte
Laut Kirchensprecher lag die Miete deshalb schlussendlich im „mittleren bis oberen Marktsegment“ – vom ehemals angekündigten sozial-ethischen Ansatz wenig zu spüren.
Altbestand günstig, Neubau elitär?
Bisher vermietete die reformierte Kirche etwa 300 Wohnungen in Zürich – viele davon im Altbestand, günstig und langjährig bewohnt. Hier zahlen viele Personen rund 1300 Franken Miete monatlich. Damit erfüllte die Kirche lange eine wichtige gemeinwohlorientierte Funktion im städtischen Wohnungsmarkt.
Doch der Neubau in Hottingen scheint einen Kontrast zu setzen – eine Abkehr vom sozialen Gedanken, hin zu hochpreisigem Wohnraum.
Auf Social Media spottet ein Nutzer: „Die Kirche orientiert sich halt nur nach oben – dorthin, wo Gott wohnt.“
Kirche als Vorbild oder Wirtschaftsakteur?
Die Frage, die viele Zürcherinnen und Zürcher nun bewegt: Sollte kirchliches Eigentum in einer Stadt wie Zürich vor allem dem Gemeinwohl dienen? Oder ist es legitim, wenn auch kirchliche Institutionen marktorientiert wirtschaften, um langfristig nachhaltig handeln zu können?
- Nachhaltigkeit und Bauqualität haben ihren Preis
- Die Verwaltungskosten steigen
- Doch auch soziale Verantwortung ist Teil des kirchlichen Auftrags
Für viele Bürgerinnen und Bürger wiegt die Enttäuschung über das gebrochene Versprechen schwer. Ihre Forderung: Die Kirche solle sich wieder stärker für eine durchmischte, leistbare Stadt einsetzen – und nicht dem Trend zum Luxus folgen.
Die Diskussion ist eröffnet – und sie wird Zürich noch lange begleiten.