Pharmariesen verlagern Produktion in die USA: Schweiz vor wirtschaftlicher Zerreissprobe

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Pharmariesen verlagern Produktion in die USA – Schweiz droht wirtschaftliche Zerreissprobe

Die führenden Schweizer Pharmakonzerne Roche und Novartis haben begonnen, Teile ihrer Produktion in die Vereinigten Staaten zu verlagern. Dieser Schritt könnte gravierende Folgen für die Wirtschaft der Schweiz haben. Hintergrund sind von Ex-US-Präsident Donald Trump angedrohte Strafzölle von bis zu 250 Prozent auf Pharmaprodukte. Experten warnen bereits vor weitreichenden Konsequenzen für Beschäftigung, Innovationsstandort und Steuereinnahmen.

Milliardeninvestitionen am neuen Standort

Laut eigenen Angaben plant Roche Investitionen in Höhe von rund 50 Milliarden US-Dollar in den USA. Novartis will künftig sämtliche Schlüsselprodukte für den amerikanischen Markt vor Ort in den USA herstellen. Obwohl beide Unternehmen betonen, dass die Schweiz ein wichtiger Standort bleibe, sehen Fachleute zunehmende Verschiebungen in der globalen Wertschöpfung.

Gesundheitsökonom Heinz Locher erklärt: „Es lässt sich nicht genau sagen, wie gross der Abbau sein wird, aber die Konsequenzen für die Schweiz werden sicher erheblich sein.“

Produktionsverlagerung gefährdet tausende Arbeitsplätze

Die Schweizer Pharmabranche beschäftigt etwa 50’000 Menschen, davon rund 10’000 allein in der Produktion. Besonders kleinere und mittlere Unternehmen könnten durch diese Entwicklung unter starken Druck geraten.

Felix Schneuwly, Gesundheitsexperte bei Comparis, gibt zu bedenken: „Für grosse Firmen ist es einfacher, Teile der Produktion zu verlegen. Kleinere Unternehmen geraten da schnell in Bedrängnis.“ Er rät zu neuen Kooperationsmodellen zwischen grossen Konzernen und lokalen Zulieferern.

Steuereinnahmen und Know-how in Gefahr

Ein möglicher Abbau von Arbeitsplätzen ist nur ein Teil des Problems. Viel gravierender wäre laut FDP-Nationalrat Olivier Feller ein Verlust an Steuereinnahmen und hochqualifiziertem Know-how, was sich negativ auf den sozialen Wohlstand auswirken könnte.

Dennoch bleiben laut Experten 90 Prozent der pharmazeutischen Wertschöpfung in den Bereichen Forschung und Entwicklung, welche weiterhin stark mit der Schweiz verbunden sind. Damit könnten Gewinne aus Patenten und Lizenzen mittelfristig im Land bleiben.

Politischer Handlungsbedarf wächst

Auch die Politik steht unter Druck. Olivier Feller fordert eine wettbewerbsfähige Industriepolitik sowie steuerliche Anreize, um den Pharmastandort Schweiz zu stärken. Leo Müller, Mitte-Nationalrat, sieht dringenden diplomatischen Handlungsbedarf: Die Schweiz müsse in Verhandlungen mit den USA treten, um eine Eskalation der Zollpolitik zu verhindern.

Zudem empfiehlt er, die Exportstrategien zu überarbeiten und sich nicht so stark auf den US-Markt zu fokussieren.

Produktionsverlagerung auch als Chance?

Trotz der Risiken sehen einige Experten auch Chancen. Reiner Eichenberger, Professor für Wirtschaftspolitik, meint: „Für den US-Markt in den USA zu produzieren, ist effizienter, als dafür ausländische Arbeitskräfte in die Schweiz zu holen.“

Felix Schneuwly ergänzt, dass diese Entwicklung ein Auslöser sein könnte, die pharmazeutische Lieferkette zu diversifizieren und die bisherige Abhängigkeit von Standorten wie China und Indien zu reduzieren.

  • Stabilere Lieferketten
  • Weniger geopolitische Abhängigkeiten
  • Stärkung der Resilienz

Fazit: Unsichere Zeiten mit Entwicklungspotenzial

Die Schweiz steht durch die Produktionsverlagerung vor einer ernsthaften Herausforderung. Ohne gezielte industriepolitische Massnahmen drohen steigende Arbeitslosigkeit, Verlust von Know-how und sinkende Attraktivität als Wirtschaftsstandort.

Gleichzeitig bietet dieser Wandel auch eine Chance: Resilienz aufbauen, Innovation stärken und den pharmazeutischen Sektor zukunftsfähig gestalten. Entscheidend wird sein, wie entschlossen Wirtschaft, Politik und Wissenschaft nun handeln.

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