US-Zölle setzen Schweiz unter Druck: SNB könnte Negativzinsen einführen

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US-Zölle setzen Schweiz unter Druck: SNB könnte Negativzinsen einführen

US-Zölle erhöhen Druck auf die Schweiz – SNB steht vor geldpolitischer Entscheidung

Bern – Die jüngsten Importzölle der Vereinigten Staaten setzen die Schweizer Wirtschaft erheblich unter Zugzwang. In einem zunehmend komplexen globalen Handelsumfeld rückt die Schweizerische Nationalbank (SNB) in den Fokus – insbesondere hinsichtlich ihrer Option, Negativzinsen als geldpolitisches Werkzeug einzusetzen.

Die Schweizer Delegation um Bundespräsidentin Karin Keller-Sutter und Wirtschaftsminister Guy Parmelin kehrte unlängst ergebnislos aus Washington zurück. Kein Treffen mit US-Präsident Donald Trump, keine substantielle Stellungnahme seitens US-Aussenminister Marco Rubio – stattdessen ein klarer Abbruch der Gespräche über drohende Strafzölle auf Schweizer Exporte.

Zölle treffen pharmaorientierte Exportwirtschaft

Die Schweizer Handelsbilanz weist gegenüber den USA einen erheblichen Überschuss aus – primär getragen von der mächtigen Pharmaindustrie. Diese Stärke könnte sich nun als geopolitische Schwäche herausstellen. Laut Fredy Hasenmaile, Chefökonom der Raiffeisen Schweiz, ist die Schweiz ein leicht angreifbares Ziel: „Washington will den Druck auf internationale Pharmakonzerne erhöhen und damit ein innenpolitisches Signal gegen hohe Medikamentenpreise setzen.“

Hasenmaile warnt vor erheblichen wirtschaftlichen Konsequenzen, sollten die USA ihren Drohungen Taten folgen lassen:

  • Erwarteter US-Zollsatz von 39 % auf Schweizer Industrieerzeugnisse,
  • Rückgang des BIP-Wachstums auf rund 0,9 % trotz tragfähiger Binnenkonjunktur,
  • Potenzielle Ausweitung der Zölle auf Pharmaprodukte – mit weitreichenden Folgen für den Arbeitsmarkt und die Finanzpolitik.

Nationalbank unter Zugzwang – Minuszinsen als mögliches Instrument

Bereits im Juni hatte die SNB den Leitzins auf null Prozent gesenkt. Sollte der Druck zunehmen, stellt sich eine zinsseitige Reaktion beinahe unweigerlich ein – inklusive eines möglichen Eintritts in den Negativzinsbereich. Dieser Schritt würde die Bankkunden direkt treffen, denn:

  • Verwahrgebühren auf Girokonten und Sparguthaben werden wahrscheinlicher,
  • Private Vermögen und Konsumverhalten könnten beeinträchtigt werden.

Trotzdem bleiben die Rahmenbedingungen differenziert zu bewerten. Fredy Hasenmaile rechnet weiterhin mit einem leichten Anstieg der Inflation auf 0,2 % bis Jahresende. Diese Inflationsprognose spricht eigentlich gegen drastische Zinssenkungen – doch geldpolitische Stabilität könnte angesichts externer Schocks zur Nebensache werden.

Auswirkungen auf die USA nicht minder gravierend

Karsten Junius, Chefökonom bei J. Safra Sarasin, hebt hervor, dass die protektionistische Politik der USA auch innerhalb der Landesgrenzen zu erheblichen Friktionen führen könne: „Zölle verursachen Fehlallokationen von Kapital und Ressourcen, erhöhen die Verbraucherpreise und senken die Nettoerträge – letztlich werden die USA selbst zum ökonomischen Hauptbetroffenen dieser Politik.“

Parallel zur Drucksituation in der Schweiz drohen also auch den Vereinigten Staaten wirtschaftliche Rückschläge. Doch der Handelskonflikt untergräbt das gesamte Gefüge globaler Hilfsmärkte und bringt besonders exportorientierte Nationen wie die Schweiz in eine defensive Position.

Schweizer Finanzbranche sieht Trumps Verhalten als „Showpolitik“

Bekim Laski, Chefstratege bei der Zürcher Vermögensverwaltung SMZH, bringt es auf den Punkt: „Trump betreibt geopolitische PR-Arbeit in Form einer Reality-Show. Wechselseitige Drohungen, spektakuläre Ankündigungen und plötzliche Richtungswechsel gehören zum Standardrepertoire.“

Dessen ungeachtet sollten Marktteilnehmende nicht auf einen baldigen Kurswechsel hoffen – im Gegenteil: Bestehende US-Zölle werden juristisch zwar angegriffen, bleiben aber operativ wirksam bis auf Weiteres.

Fazit: Wirtschaftliche Ungewissheit und Spielraum für monetäre Gegensteuerung

Die wirtschaftlichen Aussichten für die Schweiz bleiben in den kommenden Monaten schwankend. Sollte sich die US-Zollpolitik tatsächlich auf pharmazeutische Produkte ausweiten, droht eine Rezession – verbunden mit Arbeitsplatzverlusten, sinkendem Konsum und einem erschütterten Investitionsklima.

Die Schweizerische Nationalbank dürfte nicht zögern, ihre geldpolitischen Spielräume auszuschöpfen. Eine Senkung in den negativen Zinsbereich ist realistisch, wenn auch stark abhängig von der internationalen politischen Entwicklung. Klar ist: Die Finanzmärkte, Unternehmen und Haushalte sollten sich auf eine Phase höherer Volatilität und geldpolitischer Gegenreaktionen einstellen.

Die Situation verlangt umsichtiges Handeln aller wirtschaftspolitischen Akteure. Anlegerinnen und Anlegern wird geraten, ihre Portfolios jetzt gegen mögliche Währungs- und Zinsschwankungen abzusichern.

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