Kritik an Theater Basel: Ausschreibung für Darstellerinnen mit Essstörung sorgt für Empörung

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Kritik am Theater Basel: Ausschreibung für Darstellerinnen mit Essstörung sorgt für Empörung

Das Theater Basel steht aktuell unter starker Kritik, nachdem eine Casting-Ausschreibung für ein Stück über Jeanne d’Arc veröffentlicht wurde, die gezielt Menschen mit Essstörungen ansprach. Die umstrittene Annonce, die inzwischen zurückgezogen wurde, hatte eine intensive öffentliche Debatte ausgelöst.

Wortlaut der Ausschreibung sorgt für Entsetzen

In der ursprünglich versendeten Ausschreibung war zu lesen, man suche „Personen mit keinem guten Normalgewicht“, die sich in therapeutischer Behandlung befinden. Diese sollten über einen längeren Zeitraum am Bühnenprojekt teilnehmen. Verteilt wurde die Anfrage nicht nur an Einzelpersonen, sondern auch an psychiatrische Einrichtungen.

Fachleute schlagen Alarm

Fachleute aus der Medizin und Psychiatrie übten deutliche Kritik an dieser Vorgehensweise. Eine Kinder- und Jugendpsychiaterin aus Basel betonte in einem Interview:

„Dadurch gibt man der Krankheit eine Bühne und riskiert, sie zu ästhetisieren. Viele Betroffene könnten in ihrem gestörten Essverhalten eine Bestätigung finden.“

Sie warnte zudem vor den therapeutischen Risiken bei einem derart umfangreichen künstlerischen Projekt.

Warnung vor möglicher Ausbeutung

Auch ein Elternnetzwerk äußerte sich besorgt. Ein Sprecher erklärte:

„Diese Art der Darstellung grenzt gefährlich an Ausbeutung. Menschen mit einer potenziell tödlichen Erkrankung für ein Theaterstück zu gewinnen, ist nicht vertretbar.“

Die Kritik betrifft neben ethischen auch rechtliche Aspekte: Darf man Menschen mit klinischer Diagnose künstlerisch rekrutieren?

Regisseurin verteidigt ihre Vision

Die belgische Regisseurin Lies Pauwels, die das Projekt leitet, verteidigte in einer Stellungnahme ihren Ansatz. Sie sieht Parallelen zwischen der extremen Lebensweise Jeanne d’Arcs und modernen Essstörungen. Ihr Ziel sei es, das Thema sichtbar zu machen – ohne voyeuristisch zu agieren. Sie betonte, dass ihre Arbeit stets in engen Dialogen mit Betroffenen entstehe.

Theater zieht Ausschreibung zurück und sucht Dialog

Das Theater Basel reagierte und zog die Ausschreibung zurück. Man befinde sich aktuell in einer künstlerischen Recherchephase und wolle nun den Dialog mit Fachleuten und Betroffenen suchen.

Für kommenden Montag ist ein erstes Gespräch im Theater geplant. Eingeladen sind:

  • Fachpersonen aus Therapie und Medizin
  • Betroffene von Essstörungen
  • Interessierte Mitglieder der Öffentlichkeit

Ziel ist es, gemeinsam abzuwägen, „unter welchen Bedingungen dieses Projekt verantwortungsvoll realisierbar ist“.

Grundsatzdebatte über Verantwortung in der Kunst

Die Debatte wirft grundlegende Fragen auf:

  1. Wie weit darf künstlerische Freiheit gehen?
  2. Wo liegt die Grenze zwischen Sichtbarkeit und Ausbeutung?
  3. Wie lässt sich ein Gleichgewicht zwischen Kunst und therapeutischer Sicherheit schaffen?

Auch wenn das Theater Basel Bereitschaft zur Reflexion zeigt, bleibt es in der Verantwortung, das Vertrauen der Öffentlichkeit wiederherzustellen. Die kommenden Wochen werden zeigen, ob ein sensibler Dialog entstehen kann – oder ein weiterer Fall von Entfremdung zwischen Kunstbetrieb und Gesellschaft droht.

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