Von Graupel bis Pingpong: Die spannende Welt des Hagels
ZÜRICH – Trotz meteorologischem Herbstanfang zeigte sich das Wetter in der Schweiz erneut von seiner wilden Seite: In mehreren Regionen kam es zu heftigen Gewittern mit starkem Hagel – ein Naturphänomen, das viele überrascht hat. Denn obwohl der Sommer vorbei ist, bleibt Hagel auch im Frühherbst ein Thema. Doch wie entsteht dieses Wetterphänomen eigentlich? Und warum sieht Hagel manchmal aus wie feines Salz und manchmal wie ein Tischtennisball?
Der Wechsel in die kühlere Jahreszeit führt zu vermehrten Luftbewegungen und instabilen Wetterlagen. Dabei gilt: Hagel ist nicht gleich Hagel. Die Unterschiede zeigen sich sowohl in Grösse als auch Struktur – von zartem Graupel bis hin zu gefährlich grossen Eisklumpen in Pingpongballgrösse war in den letzten Tagen alles dabei.
Wie entsteht Hagel?
Die Bildung von Hagel beginnt in mächtigen Cumulonimbus-Wolken. Warme, feuchte Luft steigt auf und trifft in grosser Höhe auf Minusgrade. Dort gefrieren die Wassertropfen zu kleinen Eiskörnern. Kräftige Auf- und Abwinde schleudern diese mehrfach durch kalte und wärmere Luftschichten. Schicht für Schicht lagert sich dabei weiteres Wasser an, das sofort gefriert. Schließlich wird das Eiskorn zu schwer und fällt auf die Erde.
Ein interessantes Detail: Wenn man ein Hagelkorn durchschneidet, entdeckt man ähnliche Ringe wie bei Baumringen – ein Hinweis auf die komplexe Luftzirkulation in Gewitterwolken. Für Meteorologinnen und Meteorologen ein Paradebeispiel dynamischer Prozesse – für Autofahrer eher ein Albtraum.
Unterschied zwischen Graupel und Hagel
Bereits auf Mikroskala gibt es klare Unterschiede:
- Graupel hat einen Durchmesser unter 0,5 cm, ist weich und schneeflockenähnlich. Er verursacht kaum Schäden und tritt vor allem im Winter oder in Übergangszeiten auf.
- Hagel ist härter, kompakter und kann erheblichen Schaden anrichten. Er entsteht meist im Sommer bei intensiver Sonneneinstrahlung und starker Konvektion.
Die potenzielle Gefahr entsteht durch Masse und Fallgeschwindigkeit – kleine Unterschiede mit grosser Wirkung.
Formen und Farben: Warum sehen Hagelkörner so unterschiedlich aus?
Hagel kann sehr unterschiedlich aussehen, je nach Entstehungsbedingungen:
- Langsames Gefrieren führt zu klaren, glatten Körnern.
- Schnelles Gefrieren mit Luftblasen erzeugt milchige Hagelkörner.
- Viele Körner haben eine Mischstruktur – mit dunklem Zentrum und hellem Rand.
Auf dem Weg zur Erde können sich einzelne Körner verbinden und klumpen, was zu gefährlichen, unregelmässigen Gebilden führt. Warmfeuchte Luft kann die Oberfläche zudem leicht antauen – gefährlich glatt auf Strassen und Gehwegen.
Wie gross kann Hagel überhaupt werden?
In der Schweiz wurden zuletzt Hagelkörner in der Grösse von Tischtennisbällen beobachtet – durchaus im Rahmen des Möglichen. Der bisherige Rekord liegt bei:
- 20 cm Durchmesser
- fast 1 kg Gewicht
Dieses Exemplar wurde in South Dakota (USA) gemessen – mehr Projektil als Wettererscheinung. Ein besonders tragischer Hagelsturm ereignete sich 1986 in Bangladesch: 92 Menschen kamen durch riesige Hagelkörner ums Leben – ein klares Zeichen, wie bedrohlich Wetter sein kann.
Warum heisst Hagel eigentlich so?
Der Begriff hat seine Wurzeln im Altgriechischen und bezog sich dort auf kleine Steine. In der Schweizer Mundart taucht das Wort «Schlosse» auf – möglicherweise durch die weisse, glänzende Struktur inspiriert. Auch das Wort «schlohweiss» könnte hier seinen Ursprung haben. Hier trifft Sprache auf Meteorologie – eine spannende Verbindung von Kultur und Klima.
Fazit
Ob sanfter Graupel oder gefährliche Eisklumpen – allen Hagelformen liegt eine Kombination aus Luftfeuchtigkeit, Temperaturgefälle und starken Aufwinden zugrunde. Hagel ist nicht nur Eis vom Himmel, sondern das Ergebnis komplexer atmosphärischer Prozesse.
Auch wenn die typische Saison im Sommer liegt, zeigt sich: Hagel kann jederzeit auftreten – besonders bei instabilem Wetter. Unsere Empfehlung:
- Nutzen Sie Wetterradar-Apps
- Beachten Sie lokale Unwetterwarnungen
- Schützen Sie Haus, Fahrzeug und Garten rechtzeitig
Denn der Himmel kennt keine Termine – und Hagel keine Jahreszeit.