Warum das Vermeiden von Streit deiner Gesundheit schaden kann

0
20

Warum ständiges Harmoniestreben deiner Gesundheit schaden kann

Viele Menschen glauben, dass das Meiden von Konflikten automatisch zu einem friedlichen und glücklichen Leben führt. Aktuelle psychologische Studien zeigen jedoch das Gegenteil: Wer dauernd Streit aus dem Weg geht, riskiert ernsthafte psychische Probleme – etwa die Entwicklung von Depressionen.

Es gibt Menschen, die in Konfliktsituationen klar ihre Meinung vertreten, während andere grundsätzlich jede Auseinandersetzung vermeiden. Letztere neigen dazu, ihre Frustrationen zu unterdrücken, persönliche Bedürfnisse zu verschweigen und Kritik nur indirekt oder viel später anzubringen. Auch wenn dieses Verhalten kurzfristig Harmonien fördert, ist es langfristig schädlich für die mentale Gesundheit.

Der Ursprung der Konfliktvermeidung liegt in der Evolution

Psychologin Main Huong Nguyen erklärt in ihrem Podcast „Achtsam“, dass Konfliktvermeidung ursprünglich einen Schutzmechanismus vor Gefahr darstellte. In der heutigen, zivilisierten Gesellschaft – vor allem im engen Umfeld mit Partnern, Familie oder Freunden – kann dieses Muster jedoch hinderlich sein und sogar schaden.

Dauerhafte Konfliktvermeidung kann depressiv machen

Nguyen warnt daraufhin, dass Menschen, die ihre Bedürfnisse ständig zurückstellen, eine Entfremdung von der eigenen Gefühlswelt erleben. Wer sich selbst nicht mehr zuhört, verliert das Gefühl dafür, was ihm guttut – was zu Erschöpfung, Groll und depressiven Verstimmungen führen kann.

Eine Studie der University of Texas untermauert dies: Menschen mit stark ausgeprägtem Konfliktvermeidungsverhalten leiden häufiger unter emotionaler Dysbalance, Isolation und Beziehungsabbrüchen. Vermeidung ist also keine Lösung – sie verzögert nur das Unvermeidbare.

Typische Merkmale konfliktvermeidender Menschen

  • Nähe und Intimität lösen Unbehagen aus
  • Eigene Emotionen werden unterdrückt oder ignoriert
  • Man weicht Konflikten aus, anstatt sie offen anzusprechen
  • Nach außen hin selbstständig, innerlich jedoch von Unsicherheit geprägt

Vier Schritte zu einem gesunden Umgang mit Konflikten

Wer Konflikte konstruktiv angehen möchte, kann laut Expertinnen und Therapeuten folgende Schritte probieren:

  1. Gefühle aufschreiben – aber nicht sofort mitteilen:
    Laut Familientherapeutin Cherlette McCullough hilft es, Gedanken in einem Brief zu sortieren, ohne ihn gleich abzuschicken. So werden Emotionen klarer und ein späteres Gespräch wird ruhiger verlaufen.
  2. Konflikte mit vertrauten Personen üben:
    Streit lässt sich lernen. Mit einer Vertrauensperson kann ein Streitgespräch spielerisch durchgespielt werden. Danach hilft Feedback, um empathischer und zielführender zu kommunizieren.
  3. Den richtigen Moment wählen:
    Wähle für schwierige Gespräche eine ruhige Umgebung, zum Beispiel bei einem Spaziergang. Laut Therapeutin Felizitas Ambauen ist ein gutes Timing entscheidend für ein sachliches Gespräch.
  4. Ich-Botschaften statt Vorwürfen:
    Formuliere deine Bedürfnisse klar, ohne anzugreifen. Sätze wie „Ich fühle mich…“ oder „Mir ist wichtig, dass…“ vermeiden Eskalation und öffnen den Raum für Lösungen.

Konflikte als Chance statt Bedrohung

Ein konstruktiv geführter Streit ist keine Gefahr – sondern eine Möglichkeit zur Weiterentwicklung und zur Vertiefung von Beziehungen. Es geht nicht darum, jede Meinungsverschiedenheit zu dramatisieren, sondern darum, sich selbst ernst zu nehmen und klare Grenzen zu setzen.

Die gute Nachricht: Jeder Mensch kann lernen, gesunde Streitkultur zu entwickeln. Mit ein wenig Übung und im Austausch mit anderen lässt sich echtes Verständnis und stabile Harmonie erzeugen. Denn echter innerer Frieden entsteht durch authentischen und respektvollen Umgang – nicht durch ständiges Schweigen.

Kommentieren Sie den Artikel

Bitte geben Sie Ihren Kommentar ein!
Bitte geben Sie hier Ihren Namen ein