Streit um Militärriten: Gewalt bei Zeremonie wirft Fragen auf
Gewalt bei Militärzeremonie: Verurteilung von Kommandantin und Offizieren löst Debatte aus
Zürich – Eine Kommandantin und zwölf Offiziere der Schweizer Armee wurden zu bedingten Geldstrafen verurteilt, nachdem es bei einer Beförderungszeremonie im Jahr 2018 in Colombier NE zu schweren körperlichen Übergriffen kam. Dieser Fall wirft erneut kritische Fragen zu traditionellen Gepflogenheiten im Militär auf – und deren Auswirkungen.
Gemäss der Militärjustiz überschritten die durchgeführten Rituale klar die Grenze zum Erlaubten. Nach der Übergabe des Truppenabzeichens folgte ein gezielter Faustschlag auf das Abzeichen – ausgeführt durch ein Kadermitglied. Insgesamt mussten 22 Soldaten medizinisch behandelt werden. Der Truppenarzt erstattete angesichts der Schwere der Verletzungen schliesslich Anzeige.
Das höchste Militärgericht verhängte gegen alle Beteiligten bedingte Geldstrafen von 15 Tagessätzen und Bussen in der Höhe von 400 Franken. Diese Entscheidung rief starke Reaktionen in den sozialen Netzwerken hervor: Viele User empfinden die Strafe als zu milde und fordern weiterreichende disziplinarische und strukturelle Konsequenzen.
Tradition oder Machtmissbrauch?
Die Meinungen in der Gesellschaft sind geteilt: Ist ein Faustschlag während einer Zeremonie noch Teil einer Tradition – oder fällt er bereits unter gezielten Missbrauch von Macht? Ein Nutzer berichtete, dass er Ähnliches erlebt habe, aber ohne Verletzungen. „Es soll ein Stoss sein, kein richtiger Schlag“, schrieb jemand.
Andere sehen dies kritischer: „Diese ‚Rituale‘ sind Relikte, die nichts mit Kameradschaft zu tun haben – es geht um Einschüchterung.“
Das Grundproblem liegt möglicherweise tiefer – in der militärischen Kultur selbst. Viele junge Rekruten erleben statt kollektiver Integration physische Übergriffe unter dem Deckmantel der Kameradschaft.
Eine Gesellschaft im Wandel
Einige Stimmen argumentieren, dass sich die Gesellschaft so sehr verändert habe, dass archaische Disziplinierungsformen nicht mehr zeitgemäss seien. „Früher war das Teil des Erwachsenwerdens“, kommentiert ein User. Doch heute wird zunehmend hinterfragt, ob solche Praktiken je legitim oder gesund waren.
Ein anderer bringt es auf den Punkt: „Dass es früher so war, macht es nicht automatisch gut. Verklärung schützt nicht vor Verantwortung.“
Forderungen nach Konsequenzen
Nicht nur die Tat selbst, sondern auch die Reaktion von Justiz und Armee steht nun im Fokus. Viele fordern:
- Härtere Strafen für Vorgesetzte
- Sofortiger Ausschluss der Verantwortlichen aus der Armee
- Psychologische und finanzielle Unterstützung für betroffene Rekruten
- Klare Neuregelung von Zeremonien und Initiationspraktiken
Die Zahl der Stimmen, die grundlegende Reformen fordern, nimmt zu. Viele stellen sich die Frage: Hat in einer modernen Armee des 21. Jahrhunderts Gewalt überhaupt noch Platz? Oder widersprechen solche Rituale nicht längst den heutigen ethischen Standards?
Bislang hat sich weder die Schweizer Armee noch das Verteidigungsdepartement zu möglichen strukturellen Reformen geäussert. Doch der öffentliche Druck wächst – ebenso wie die Erwartung an einen kulturellen Wandel innerhalb der Armee.