Einflussreicher Ex-Politiker Fritz Schiesser als Opfer eines Liebesbetrugs
Der ehemalige Ständeratspräsident und langjährige Vorsitzende des ETH-Rats, Fritz Schiesser (FDP/GL), ist Opfer eines raffinierten digitalen Liebesbetrugs geworden. Der anerkannte Jurist musste sogar zwei Monate Untersuchungshaft über sich ergehen lassen – zu Unrecht verdächtigt der Erpressung. Erst spätere Ermittlungen klärten, dass er selbst Opfer einer gezielt aufgebauten Betrugsmasche war.
Gefährliches Vertrauen durch manipulierte Online-Romantik
Wie aus Ermittlerkreisen hervorgeht, wurde Schiesser Opfer eines sogenannten Romance Scams. Dabei handelt es sich um ein weltweites Phänomen, bei dem Täter über das Internet emotionale Nähe vortäuschen, um ihre Opfer finanziell oder rechtlich zu schädigen. In seinem Fall nutzten die Täter sein Vertrauen, um ihn mutmasslich zu kompromittieren und zu manipulieren.
Die Tatsache, dass eine so erfahrene Persönlichkeit wie Schiesser dieser Masche zum Opfer fiel, zeigt deutlich, wie vielschichtig und gefährlich diese Betrugsform ist – selbst gebildete und lebenserfahrene Personen sind davor nicht gefeit.
Vom Glarnerland in die nationale Wissenschaftspolitik
Schiessers Karriere begann im Glarnerland. Nach seinem Jurastudium und der Promotion an der Universität Zürich stieg er in die Kantonalpolitik ein und wechselte später in den Ständerat. Er war 2003/04 dessen Präsident, bevor er 2008 die führende Rolle als Präsident des ETH-Rats übernahm, wo er bis 2019 die strategische Führung über die gesamte ETH-Domäne innehatte.
Sein Name war über Jahre hinweg ein Synonym für Wissenschaftskompetenz in der Schweiz. Darüber hinaus war er u.a. im Stiftungsrat des Nationalfonds, beim Versicherer Mobiliar sowie bei der Sandoz-Familienstiftung aktiv.
Politisches Umfeld zeigt sich erschüttert
Die Nachricht über den Betrugsfall schockiert viele Weggefährten. Etwa Franz Steinegger, ehemaliger Präsident der FDP, erklärt: „Ich kenne ihn seit Jahren als hochintegren Menschen – ihm hätte ich mein Leben anvertraut.“ Auch aus anderen politischen Kreisen sind ähnliche Stimmen zu hören – allerdings meist anonym, denn Scham und Unsicherheit über digitale Schutzlücken dominieren.
Wie kann so etwas selbst klugen Menschen passieren?
Der forensische Psychiater Frank Urbaniok erklärt, dass Intelligenz keinen Schutz vor emotionaler Manipulation bietet. Vor allem alleinstehende Menschen sehnen sich nach Nähe – ein Schwachpunkt, den Täter gezielt ausnutzen. Es handle sich oft nicht um Einzeltäter, sondern um professionell agierende Banden, die weltweit vernetzt seien.
Die Täter bauen mit psychologischer Raffinesse Scheinbeziehungen auf und nutzen moderne Kommunikationskanäle. Urbaniok empfiehlt, bei Verdacht nicht zu schweigen:
- Öffentliche Aufklärung betreiben
- Konsequent Anzeige erstatten
Ein Warnsignal für die vernetzte Gesellschaft
Auch wenn juristisch noch vieles offen bleibt: Der Fall Fritz Schiesser steht exemplarisch für die Risiken digitaler Nähe und die Gefahren, die aus scheinbar harmlosen Kontakten im Netz entstehen können. Es ist ein Weckruf für Politik, Justiz und Gesellschaft.
Selbst Menschen mit stabilen Lebensläufen und hoher Intelligenz können Opfer emotionaler Täuschung werden. Vertrauen bleibt eine der empfindlichsten Währungen der digitalen Welt – und genau darum brauchen wir mehr Sensibilisierung, mehr Schutz und mehr Mut zur Offenheit bei solchen Täuschungsdelikten.