Immer mehr Männer ohne Freundeskreis – Partnerinnen emotional überfordert
In der heutigen Zeit nimmt soziale Isolation zunehmend zu – besonders bei Männern. Immer mehr Männer in Europa haben keinen engen Freundeskreis mehr, was erhebliche emotionale Auswirkungen auf ihre Partnerschaften hat.
Schrumpfende Netzwerke und emotionale Lastverlagerung
Studien aus Nordamerika und Europa zeigen: In den letzten 30 Jahren ist das soziale Netzwerk vieler Männer stark geschrumpft. Während Frauen ihre sozialen Kontakte bewusst pflegen, ziehen sich viele Männer zunehmend zurück. Die Folge: Die Partnerin wird oft zur einzigen Bezugsperson für emotionale Unterstützung.
Die Psychologin Angelica Puzio Ferrare von der Stanford University beschreibt dieses Ungleichgewicht als sogenanntes „Mankeeping“. Frauen übernehmen dabei laut Puzio den Großteil der emotionalen Arbeit in heterosexuellen Beziehungen. Dies führt nicht nur zu einem Ungleichgewicht, sondern auch zu emotionaler Erschöpfung bei den betroffenen Frauen und belastet die Qualität der Partnerschaft.
Persönliche Erfahrungen und gesellschaftliche Prägung
Persönliche Berichte verdeutlichen diese Entwicklung: Ein Mann berichtet, dass mit dem Ende seiner Beziehung auch sein gesamtes soziales Umfeld zerbrach. Eine Frau fühlt sich als Partnerin, beste Freundin und alleinige emotionale Stütze in einem – eine Aufgabe, die sie zunehmend überfordert.
Der Männerforscher Markus Theunert warnt vor den Folgen dieser sozialen Einseitigkeit. Viele Männer seien so erzogen worden, keine Schwäche zu zeigen und Konflikte alleine durchzustehen. Dadurch entstehen oft keine tiefgehenden Freundschaften, und emotionale Bedürfnisse werden primär an die Partnerin adressiert.
Ein kollektives Beziehungsproblem
Was wie ein individuelles Defizit erscheinen mag, sieht Theunert als ein gesellschaftliches Beziehungsproblem. Wird die emotionale Hauptlast auf die Frau verlagert, ist auch der Mann betroffen – oftmals unbewusst. Theunerts Empfehlung: Frauen sollten klare Grenzen setzen und Männer ermutigen, sich ein eigenes Netzwerk für emotionale Unterstützung aufzubauen – etwa durch Freundschaften oder professionelle Hilfe.
Rückkehr konservativer Rollenbilder
Besonders problematisch sei laut Theunert die zunehmende Verbreitung konservativer Männlichkeitsbilder – insbesondere unter jungen Männern. Während viele Frauen gleichberechtigte Beziehungen wünschen, erwarten rund 40 Prozent der jungen Männer laut Studien nach wie vor eine Rundumversorgung durch ihre Partnerin.
Diese auseinanderklaffenden Erwartungen führen zu Spannungen. Emotionale Offenheit wird von jungen Männern zwar verlangt, bringt ihnen jedoch im sozialen Umfeld nicht den gewünschten Nutzen. Zusätzlich verstärken soziale Medien die Idealisierung klassischer Männlichkeitsbilder.
Ein gesellschaftlicher Wandel ist nötig
Um diese Dynamik zu verändern, braucht es laut Theunert ein gesellschaftliches Umdenken. Bereits Jungen sollte vermittelt werden, dass emotionale Offenheit, Freundschaft und Verletzlichkeit genauso Bestandteil von Männlichkeit sind wie Stärke oder Durchhaltevermögen.
In einer Welt, in der Einsamkeit zunimmt, ist es notwendig, neue soziale Strukturen zu fördern. Männer sollten lernen, emotionale Bindungen unabhängig von der Partnerschaft zu entwickeln. Doch auch die Gesellschaft ist gefragt: Echte Gleichberechtigung bedeutet, dass emotionale Lasten fair verteilt werden – anstatt automatisch auf eine Person überzugehen.