Blutrote Wasserfälle in der Antarktis: Forscher entschlüsseln jahrzehntealtes Naturphänomen

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Blutrote Wasserfälle in der Antarktis: Forscher entschluesseln jahrzehntealtes Naturphaenomen

Antarktis – Mitten in der frostigen Ödnis des Taylor Valley in der östlichen Antarktis zieht ein verblüffendes Naturphänomen seit Jahrzehnten Forscher und Abenteurer gleichermaßen in seinen Bann: Aus dem Taylor-Gletscher pulsiert tiefrotes Wasser – die berühmt-berüchtigten „Blood Falls“.

Was aussieht wie eine Szene aus einem Gruselfilm, ist in Wahrheit das sichtbare Ende einer spektakulären geologischen Geschichte, die Millionen Jahre zurückreicht.

Geheimnis der roten Farbe gelüftet

Bereits 1911 entdeckte der australische Geologe Thomas Griffith Taylor dieses außergewöhnliche Phänomen. Die rätselhafte Farbe des Wassers hat jedoch nichts mit Blut zu tun. Vielmehr stammt sie aus einer hochkonzentrierten salzhaltigen Eisenlösung, die aus einem unterirdischen See unterhalb des Gletschers austritt.

Dieser unterirdische See, ein Relikt eines urzeitlichen Meeres, wurde vor Millionen von Jahren eingeschlossen. Durch Verdunstung stieg der Salzgehalt immens an. Heute ist das Wasser dort etwa dreimal salziger als normales Meerwasser. Diese extreme Salzkonzentration verhindert das vollständige Gefrieren und ermöglicht es dem Wasser, selbst bei eisigen Temperaturen flüssig zu bleiben.

Wenn das Gletscherwasser rostet

Beim Kontakt mit der Atmosphäre reagiert das eisenhaltige Wasser mit Sauerstoff. Dabei oxidiert das Eisen – ein Vorgang ähnlich der Rostbildung bei Metall. Das Ergebnis: Ein tiefroter Flüssigkeitsstrom, der optisch an Blut erinnert und dem Phänomen seinen Namen gibt: Blood Falls.

Uraltes Ökosystem unter extremen Bedingungen

Ein internationales Team unter Leitung der Geologin Jessica Badgley gelang es nun erstmals, durch moderne Bohrtechnik gezielt Proben aus dem unterirdischen See zu entnehmen. Die Ergebnisse waren bahnbrechend:

  • Mindestens 17 verschiedene Mikrobenarten wurden identifiziert.
  • Diese Organismen leben ohne Licht, unter hohem Druck und ohne Sauerstoff.
  • Sie gewinnen Energie aus Reaktionen mit Eisen- und Sulfatverbindungen.

„Wir haben ein vollkommen einzigartiges Ökosystem entdeckt – eine Lebenswelt unter extremsten Bedingungen“, so Badgley.

Ein Modell für außerirdisches Leben

Die Ergebnisse der Forschung gehen über geologische Neugier hinaus. Die Organismen in den Blood Falls bieten ein reales Modell für mögliches Leben auf anderen Himmelskörpern – etwa unter der Eiskruste des Jupitermondes Europa oder auf dem Saturnmond Enceladus. Solche Lebensformen könnten Hinweise darauf liefern, wie Leben auch fern von Sonnenlicht überdauern kann.

Ein Naturwunder am Rande der Welt

Die Blood Falls liegen in den McMurdo Trockentälern – einer der trockensten und lebensfeindlichsten Regionen der Erde. Ihre Abgeschiedenheit erschwert den Zugang, weshalb nur wenige Forscher sie jemals direkt sehen. Wer jedoch die seltene Gelegenheit erhält, dieses Phänomen zu beobachten, steht einem Anblick gegenüber, der fremd, surreal und zutiefst faszinierend ist: Ein leuchtend rotes Zeichen des Lebens, verborgen im ewigen Eis.

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