Schweizer Armee erwägt umstrittene SIG-Sauer-Pistole trotz Sicherheitsbedenken

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Schweizer Armee erwägt umstrittene SIG-Sauer-Pistole trotz Sicherheitsbedenken

Die Schweizer Armee steht vor einer umfassenden Modernisierung ihrer persönlichen Ausrüstung. Geplant ist die Beschaffung von bis zu 100’000 neuen Dienstpistolen für rund 90 Millionen Franken. Im Auswahlverfahren befindet sich unter anderem das Modell P320 des US-Herstellers SIG Sauer – eine Waffe, die international wegen ihrer Sicherheitsprobleme in den Fokus geraten ist.

Sicherheitsbedenken weltweit

Zur Auswahl stehen derzeit Pistolen der Marken Glock, Heckler & Koch sowie die kontrovers diskutierte SIG Sauer P320. Letzteres Modell war in verschiedenen Ländern in mehrere Zwischenfälle mit unbeabsichtigten Schussabgaben verwickelt.

  • In den USA berichtete die Washington Post von über 100 dokumentierten Vorfällen mit der P320, bei denen mindestens 80 Personen verletzt wurden.
  • Auch in der Schweiz kam es zu mindestens drei registrierten Unfällen, etwa bei der Polizei St. Gallen und der Kantonspolizei Uri.
  • Ein Polizist erlitt eine Schusswunde am Oberschenkel, eine Polizistin musste im Folge eines Vorfalls ärztlich behandelt werden.

Hersteller verteidigt die Pistole

SIG Sauer weist die Kritik zurück. Nach Aussagen des Unternehmens gehöre die P320 zu den sichersten Pistolen der Welt – eine unbeabsichtigte Schussabgabe ohne Betätigung des Abzugs sei laut Hersteller technisch ausgeschlossen. Zudem hätten Tests des US-Militärs und des FBI keine Sicherheitsmängel ergeben.

In Reaktion auf frühere Berichte über mögliche Schussabgaben beim Fallen der Pistole wurde der Abzugsmechanismus überarbeitet. Dies zeigt, dass SIG Sauer Bemühungen unternimmt, die Bedenken ernst zu nehmen und entsprechend Verbesserungen vorzunehmen.

Ergebnisse der Armasuisse-Tests

Die Beschaffungsbehörde Armasuisse hat alle geprüften Modelle, inklusive P320, umfangreichen Tests unterzogen – darunter sogenannte Falltests. Nach Angaben der Behörde sei es in diesen Tests zu keiner unbeabsichtigten Schussabgabe gekommen. Dies könnte ein starkes Argument für die P320 sein, sofern diese Tests auch den Einsatzbedingungen im realen Armeebetrieb entsprechen.

Produktion könnte in die Schweiz zurückkehren

Ein weiterer, potenziell positiver Aspekt für die SIG Sauer ist die Ankündigung des Unternehmens, im Falle eines Zuschlags Teile der Produktion zurück in die Schweiz zu verlagern. Das Modell wird derzeit hauptsächlich in den USA gefertigt, obwohl SIG Sauer ursprünglich ein Schweizer Unternehmen mit Sitz in Neuhausen am Rheinfall ist. Die Aussicht auf Arbeitsplätze in der Region könnte bei der Entscheidungsfindung eine Rolle spielen.

Reaktionen aus der Polizeipraxis

Auch bei den Polizei-Einheiten im Land wird die Entwicklung aufmerksam verfolgt. Ein Sprecher der Kantonspolizei St. Gallen betonte: „Wir nehmen die aktuellen Entwicklungen sehr ernst.“ Sollte sich die Sicherheitslage rund um die P320 verschärfen, werde eine Anpassung der eigenen Ausrüstung nicht ausgeschlossen.

Vertrauensfrage für Bevölkerung und Armee

Die Möglichkeit, eine umstrittene Waffe flächendeckend in der Armee einzuführen, wirft auch grundsätzliche Fragen zum Vertrauen in moderne Waffentechnologie auf. Während Befürworter die P320 als solides, zukunftsfähiges Modell sehen, warnen Kritiker vor unkalkulierbaren Sicherheitsrisiken.

Die endgültige Entscheidung wird bis Dezember erwartet. Dabei geht es nicht nur um technische Spezifika, sondern auch um die Signalwirkung für Armee, Polizei und Bevölkerung – denn Letztere vertraut auf den höchsten Standard an Sicherheit, wenn es um öffentliche Institutionen geht.

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