Gemeinde Villmergen entfernt liebevoll gestalteten Grabstein wegen Grössenvorgabe
Villmergen (AG) – Ein besonders emotionaler Fall sorgt derzeit in der Aargauer Gemeinde Villmergen für Aufmerksamkeit und Diskussionen: Ein individuell gestalteter Grabstein wurde von der Gemeinde entfernt, da er nicht den offiziellen Grössenvorgaben entsprochen hat.
Die 18-jährige Paris Theiler hatte nach dem Tod ihres Vaters Oliver im November 2021 den Wunsch, ihm ein einzigartiges, persönliches Grabmal zu widmen. Mit dem Lohn aus ihrer Arbeit als Coiffeuse sparte sie über Monate hinweg, um eine stilvolle Gedenkstätte anzufertigen: Eine schwarze Steintafel mit Foto, Lebensdaten, einem tröstenden Zitat und einem kleinen Turm. Die Höhe des Grabsteins: rund 50 Zentimeter.
Doch die Gemeindehand verweigerte die Zustimmung. Der Grund: Laut dem Friedhofsreglement in Villmergen müssen Grabmäler mindestens 90 Zentimeter hoch sein. Der liebevoll gestaltete Stein wurde kurzerhand entfernt.
Reglement über Emotion – Die offizielle Sicht
Gemeindeschreiber Josef Wuersch erklärte, dass der Gemeinderat konsequent auf die Einhaltung der Friedhofsrichtlinien achte. Diese Regelung diene dem Ziel, ein harmonisches Gesamtbild und die Gleichbehandlung aller Trauernden sicherzustellen.
„Wir haben klare Vorgaben, was Höhe und Breite betrifft. Das schafft Ordnung und Struktur“, hieß es aus der offiziellen Stellungnahme. Ausnahmen sind demnach nicht vorgesehen – selbst dann nicht, wenn die Gestaltung des Grabsteins eine tief emotionale Bedeutung hat.
Ein kleiner Grabstein mit grosser Symbolkraft
Besonders schmerzlich ist für Paris Theiler, dass auf dem Grabstein eine bewegende Inschrift zu finden war:
„Wenn ihr an mich denkt, seid nicht traurig. Erzählt lieber von mir und traut euch ruhig zu lachen. Lasst mir einen Platz zwischen euch, so wie ich ihn im Leben hatte.“
Diese Worte, die Trost und Erinnerung vereinen sollten, haben nun keinen Platz mehr auf dem Friedhof. Neben dem emotionalen Verlust trifft Paris auch ein finanzieller – die Gedenkstätte kostete über 600 Franken.
Doch Paris Theiler zeigt sich kämpferisch:
„Ich werde wieder sparen. Diesmal wird der neue Grabstein den Vorschriften entsprechen – aber er wird genauso voller Liebe sein. Mein Vater soll nicht vergessen werden.“
Wenn Vorschrift auf Menschlichkeit trifft
Der Fall löste eine breite Diskussion in sozialen Medien und Bevölkerung aus. Viele fordern ein Umdenken – mehr Flexibilität, mehr Menschlichkeit in einer Zeit der Trauer.
- Wie viel Individualität ist auf einem Friedhof zulässig?
- Sollten Emotion und Kreativität mehr Raum erhalten?
- Wo liegt die Grenze zwischen Struktur und Mitgefühl?
Paris Theiler hat für sich eine klare Antwort gefunden. Sie stellt keine Forderungen an die Gemeinde – sie kämpft für die Erinnerung an ihren Vater. Und eines ist sicher: Auch wenn das Grab derzeit leer erscheint – in ihrem Herzen ist dieser Platz längst besetzt.