Kulturelle Kälte: Warum Amerikaner auf Eiswürfel in Getränken bestehen

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Kulturelle Kälte: Warum Amerikaner so sehr auf Eiswürfel in Getränken stehen

In den USA sind eiskalte Getränke ein fester Bestandteil des Alltags – selbst schlichtes Leitungswasser wird dort üblicherweise mit einer üppigen Menge Eis serviert. Für viele Europäer wirkt dieser eislastige Trinkstil eher skurril und wie eine unnötige Verdünnung des ursprünglichen Getränks. Doch virale Videos und Diskussionen auf Plattformen wie TikTok entfachen aktuell eine neue Debatte über diese Praxis und zeigen, wie stark kulturelle Unterschiede selbst bei scheinbar banalen Alltagsdingen wie Getränken ausgeprägt sind.

„Warum kein Eis?“ – Amerikaner staunen über europäische Trinkgewohnheiten

Ein viraler TikTok-Clip der US-Amerikanerin Isabel Tan zeigt eindrucksvoll die kulturelle Diskrepanz: In einem europäischen Restaurant bestellt sie kurzerhand einen ganzen Eimer Eiswürfel, weil ihr Getränk ihr zu wenig gekühlt erscheint. „Ich hab’s aufgegeben, nach Eis zu fragen – ich bestell gleich einen Eimer“, sagt sie schmunzelnd in dem Video. Die Szene löst nicht nur Erstaunen, sondern auch hitzige Diskussionen in den Kommentaren aus.

Auf amerikanischer Seite fragt man sich, warum es in Europa so wenig Eis gibt. Viele Europäer hingegen argumentieren sachlich:

  • Die Getränke werden ohnehin schon kühl serviert.
  • Zu viel Eis verwässert den Geschmack unnötig.

Die Geschichte hinter der amerikanischen Eisleidenschaft

Die Vorliebe für Eis hat ihren Ursprung in der amerikanischen Geschichte. Der Unternehmer Frederick Tudor, auch als „Ice King“ bekannt, begann im 19. Jahrhundert mit dem Handel von Eisblöcken. Zunächst belieferte er Bars in den USA, was zur Etablierung der „kalten Getränke-Kultur“ beitrug.

Im 20. Jahrhundert wurde Eis zu einem Symbol von Wohlstand und Modernität. Ein eigener Eisschrank galt als technischer Fortschritt – ein Image, das sich tief in die US-Kultur eingeprägt hat. Historiker Jonathan Rees bringt es auf den Punkt: „Der Rest der Welt interessiert sich einfach nicht so sehr für Eis wie die USA.“

Der psychologische Effekt des Klirrens

Für viele Amerikaner ist das Klirren der Eiswürfel im Glas fast schon ein emotionales Erlebnis. Rees sagt: „Ein Eiswürfel, der im Glas klirrt, macht mich einfach glücklich.“ Doch was in den USA Standard ist, wird in Europa häufig kritisiert – zu viel Eis, zu wenig Getränk, zu stark verwässert.

Weltweite Unterschiede im Umgang mit Getränken

Auch in vielen asiatischen Ländern, wie etwa China oder Japan, sind warme oder lauwarme Getränke verbreitet. In der traditionellen chinesischen Medizin etwa gelten kalte Getränke als ungesund. Die in Singapur aufgewachsene Isabel Tan verrät, dass sie erst später einen Geschmack für kalte Getränke entwickelte.

Ein praktischer Grund gegen Eis ist in vielen Regionen Asiens oder Südamerikas die Sorge um Wasserqualität. Dort meiden viele Eiswürfel, sofern sie nicht aus sicherem Trinkwasser hergestellt sind. In den USA spielt dieses Problem kaum eine Rolle – zudem gibt es häufig kostenlose Refills, weshalb der hohe Eisanteil kaum stört.

Ein eisiges Missverständnis?

Was zunächst wie ein kleines Detail wirkt, entpuppt sich als tief verwurzeltes kulturelles Statement. Trinkgewohnheiten sind Ausdruck von Geschichte, Klima und gesellschaftlichen Normen – und nirgendwo ist das offensichtlicher als beim Thema Eiswürfel.

Ob man nun zur „Team Eis“- oder „Team ohne Eis“-Fraktion gehört – die sozialen Netzwerke haben das Thema längst zum Running Gag gemacht. Eines ist klar: Kälte ist Ansichtssache – nicht nur beim Wetter, sondern auch im Glas.

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