Doping durch Intimität: Wenn sexuelle Kontakte zur Kokainübertragung führen
Die Schweizer Rennreiterin Sibylle Vogt steht im Zentrum einer heiklen Dopingaffäre. Obwohl sie beteuert, selbst nie Kokain konsumiert zu haben, wurde sie nach einem positiven Test für sechs Monate gesperrt. Ihre Erklärung: Die Substanz sei durch sexuellen Kontakt mit ihrem Partner in ihren Körper gelangt.
Wie kann das sein?
So abwegig dies klingen mag, ist es kein Einzelfall im Spitzensport. Die Anti-Doping-Forschung dokumentiert vereinzelte Fälle, in denen Substanzen wie Kokain unabsichtlich durch intime Kontakte übertragen wurden – etwa durch:
- Speichel
- Hautkontakt
- Samenflüssigkeit
Sportlerinnen und Sportler leben unter strengen Auflagen, doch selbst das private Umfeld kann zum Problem werden. Ein Kuschelmoment kann – wissenschaftlich belegbar – zu einem positiven Dopingtest führen.
Vergleichbare Fälle mit Freisprüchen
In der Vergangenheit kam es bereits zu ähnlichen Vorfällen, bei denen Sportgerichte Freisprüche erteilten. Einige prominente Beispiele:
- 2009: Der französische Tennisprofi Richard Gasquet, der Drogen über einen Kuss aufgenommen haben soll.
- 2016: Der kanadische Stabhochspringer Shawnacy Barber, der nach einem Tinder-Date freigesprochen wurde.
- Die amerikanische Boxerin Virginia Fuchs, die kanadische Kanutin Laurence Vincent-Lapointe und die Tennisspielerin Dajana Jastremska wurden ebenfalls entlastet.
In diesen Fällen akzeptierten die Gerichte, dass eine Übertragung durch sexuelle Kontakte nicht nur denkbar, sondern durch Beweise gestützt war.
Was sagt die Wissenschaft?
Mehrere Studien bestätigen die Möglichkeit der Übertragung von Dopingsubstanzen durch körperliche Nähe. Eine Studie der Deutschen Sporthochschule Köln aus dem Jahr 2021 identifizierte drei Hauptwege:
- Hautkontakt
- Speichel
- Samenflüssigkeit
Schon kleinste Mengen reichen aus, um bei Dopingtests nachweisbar zu sein. In Testreihen reichte bereits kurzer Hautkontakt mit Anabolika, um Rückstände im Körper über mehrere Tage nachzuweisen. Eine neuere Studie aus Sydney zeigte, dass auch Sperma relevante Mengen von Dopingsubstanzen übertragen kann.
Wann gibt es Ausnahmen im Regelwerk?
Laut dem aktuellen Welt-Anti-Doping-Code sind Ausnahmen möglich – unter bestimmten Bedingungen:
- Die Quelle der Substanzaufnahme muss klar belegt werden.
- Es müssen überprüfbare Beweise vorliegen.
- Vorsatz oder grobe Fahrlässigkeit dürfen nicht vorliegen.
Sibylle Vogt argumentiert, ihr Partner habe Kokain konsumiert, ohne dass sie davon wusste. Der sexuelle Kontakt habe zur ungewollten Übertragung geführt. Ob das Gericht diese Erklärung akzeptiert, wird sich in den nächsten Verhandlungstagen zeigen.
Ein sensibles Thema mit Signalwirkung
Die Kontamination durch intime Kontakte mag ungewöhnlich klingen, wird aber zunehmend ernst genommen. Der Leistungssport bewegt sich damit auf einem schmalen Grat zwischen Privatsphäre und Regeltreue. Für viele Athletinnen und Athleten bedeutet das: Dopingfreiheit hängt nicht mehr nur vom eigenen Handeln, sondern auch vom sozialen und intimen Umfeld ab.
Der Fall Sibylle Vogt zeigt deutlich, wie vielschichtig die Realität im modernen Sport geworden ist. Wer sich schützen will, muss heute mehr denn je Kontrolle über alle Lebensbereiche behalten – selbst im engsten Kreis.
Die finale Entscheidung trifft der internationale Sportgerichtshof. Bis dahin bleibt Sibylle Vogt suspendiert – ein Fall, der sicher erneut Diskussionen über Verantwortung und Grenzen im Anti-Dopingrecht auslösen wird.