Schweizer Hotels kämpfen gemeinsam gegen Booking.com – Signalwirkung aus Zürich
ZÜRICH – In der europäischen Hotellerie sorgt derzeit eine bedeutende juristische Bewegung für Aufsehen: Über 10’000 Hotels aus ganz Europa, darunter 369 aus der Schweiz, haben sich einer Sammelklage gegen die Buchungsplattform Booking.com angeschlossen. Der Vorwurf: Unfaire Preisbindungen sowie intransparente Bedingungen und Geschäftspraktiken setzen Hoteliers zunehmend unter Druck.
Auch das Boutique-Hotel Platzhirsch in der Zürcher Altstadt ist Teil dieser Initiative. Hotelinhaberin Sigi Guebeli betont: „Als einzelnes Hotel hat man kaum eine Chance gegen einen Konzern wie Booking.com – aber wenn wir uns zusammenschliessen, senden wir ein starkes Signal.“ Dieses Signal kommt nicht nur aus Zürich, sondern aus ganz Europa. Die Branche fordert mehr Fairness im digitalen Buchungsmarkt.
Kritik an Preisparitätsklauseln
Zentraler Kritikpunkt ist die sogenannte Preisparitätsklausel. Sie verbietet es Hotels, auf der eigenen Website dieselben Leistungen günstiger anzubieten als auf Booking.com. Dies schränkt die unternehmerische Freiheit der Hoteliers erheblich ein.
Nicht gegen Plattformen, sondern für faire Bedingungen
Guebeli stellt klar: Es gehe ihr nicht um ein generelles Nein zu Booking.com. „Die Plattform bietet kleinen Hotels eine enorme Sichtbarkeit“, erklärt sie. Doch sie kritisiert die Intransparenz der Kommissionsmodelle sowie fehlende Mitspracherechte.
Ein Beispiel: „Ein Hotel mit 200 Zimmern zahlt oft denselben Kommissionssatz wie ein Haus mit 16 Zimmern – das ist einfach nicht verhältnismässig.“ Guebeli fordert daher faire und differenzierte Bedingungen, angepasst an die Grösse und Leistungsfähigkeit der Betriebe.
Sammelklage mit Signalwirkung aus der Schweiz
Die Klage wird in den Niederlanden – dem Sitz von Booking.com – eingereicht. Koordiniert wird sie von der Hotel Claims Alliance in Zusammenarbeit mit HotellerieSuisse und dem europäischen Branchenverband Hotrec. Ihre Ziele:
- Finanzielle Entschädigung für benachteiligte Hotels
- Stärkere Transparenz innerhalb der Vertragsbedingungen
- Mehr Mitspracherechte und faire Wettbewerbsbedingungen
Die Beteiligungsfrist wurde nun bis Ende August verlängert – ein Indiz für den steigenden politischen und juristischen Druck auf den Konzern.
Digitalisierung als Lösung
Trotz der grossen Marktmacht von Booking.com zeigt sich Guebeli zuversichtlich. Ihr Hotel generiert einen Grossteil seiner Buchungen durch Direktvertrieb, unterstützt durch Investitionen in digitale Präsenz. Ihr Appell an die Branche:
- Technologische Aufholjagd starten
- In digitale Lösungen investieren
- Direktbuchungen stärken
Ihr Wunsch: mehr digitale Plattformvielfalt. Denn Wettbewerb sorgt für Transparenz und mehr Auswahl – auch zum Vorteil der Gäste.
Reaktion von Booking.com
Booking.com wies die Vorwürfe in einem offiziellen Statement zurück und verwies auf ein Urteil des Europäischen Gerichtshofs vom September 2024. Darin wurden Preisparitätsklauseln nicht automatisch als wettbewerbswidrig eingestuft. Man wolle sich weiterhin juristisch verteidigen.
Unabhängig vom endgültigen Urteil zeigt das Verfahren aber deutlich: Die Zeit des Schweigens ist vorbei. Für viele Schweizer Hoteliers braucht es neue Strukturen – basierend auf Partnerschaft statt Abhängigkeit.