Wilhelm Tell als Action-Held: Neuverfilmung sorgt für Kontroversen
Zürich – Die ikonische Schweizer Nationalfigur Wilhelm Tell kehrt mit voller Wucht ins Kino zurück – jedoch in einer Form, die viele so noch nie gesehen haben. In der neuesten internationalen Neuverfilmung wird der Freiheitsheld aus der Innerschweiz zum modernen Action-Helden umgestaltet: mehr Hollywood als Heimatgefühl, mehr Adrenalin als Andacht. Der Film „William Tell“ feiert seinen Kinostart am 31. Juli in der ganzen Schweiz und sorgt schon jetzt für hitzige Diskussionen.
Ein Tell zwischen John Wick und Leonidas
Regisseur Nick Hamm aus Nordirland nahm sich der Herausforderung an, die Schweizer Legende neu zu gestalten – visuell kraftvoll und international verständlich. In der Hauptrolle ist der dänische Schauspieler Claes Bang zu sehen, der Englisch mit britischem Akzent spricht. Seine Interpretation des Tell ist eine komplexe Figur: gebrochen, aber entschlossen, mit Anlehnungen an John Wick und der kämpferischen Präsenz eines Leonidas aus „300“.
Eine besondere Entscheidung sorgt ebenfalls für Diskussionen: Tells Ehefrau ist im Film muslimischen Glaubens – eine bewusste Inszenierung mit Symbolkraft für Diversität und Inklusion.
Actionkino statt Heimatfilm
Visuell präsentiert sich der Film wie ein moderner Blockbuster mit klassischen Hollywood-Elementen:
- Spektakuläre und ausgeklügelte Kampfszenen
- Zeitlupenaufnahmen von Pfeilen aus der Armbrust
- Dramatische Lichtkomposition
- Spannungsgeladenes Sounddesign
Trotz der Action bleibt aber auch Platz für Tiefgang: Der neue Tell ist nicht nur Gegner der habsburgischen Unterdrückung, sondern auch ein innerlich zerrissener Kreuzritter mit existenziellen Konflikten. Diese emotionale Komplexität hebt die Geschichte auf eine persönliche Ebene – weit weg vom klassischen Bild des unerschütterlichen Volkshelden.
Pathos und Kinodramatik
Ein prägnantes Zitat unterstreicht die neue Tonalität: „Deine strenge Hand hat einen Helden kreiert“, sagt Widersacher Gessler zu dessen Nichte. Die berühmte Apfelschuss-Szene bleibt erhalten, doch sie ist in ein beinahe märchenhaftes, fantasyartiges Setting eingebettet. Gedreht wurde hauptsächlich in Italien – aus Produktions- und Budgetgründen, wie der Regisseur erklärt.
Gesellschaftliche Reaktionen und Kontroversen
- Einige feiern das Werk als mutige und visuell beeindruckende Neuerfindung der Legende
- Andere kritisieren es als Traditionsbruch und historischen Verfälschung
- Auf Social Media wird kontrovers diskutiert: Ist ein Englisch sprechender Ausländer als Tell glaubwürdig?
Die britische Zeitung The Guardian beschrieb den Film als „komplett überdreht – aber faszinierend inszeniert“. Zuschauer seien hin- und hergerissen zwischen Faszination und Kopfschütteln. Auch in der Schweiz gehen die Meinungen stark auseinander: Kulturkonservative befürchten den Verlust nationaler Werte, während jüngere Cineasten die actionreiche Neudeutung begrüßen.
Eine kulturelle Frage: Tradition vs. Zeitgeist?
Die zentrale Debatte dreht sich um zwei Fragen:
- Soll ein Nationalmythos unverändert bleiben?
- Oder zeigt gerade die Neuinterpretation kulturelle Lebendigkeit und Wandel?
Fakt ist: Diese neue Version von Wilhelm Tell bewegt die Gemüter – unter Traditionalisten wie auch Filmfans. Der Geschichtsheld tritt aus dem Schulbuch heraus auf die große Leinwand, mit geballter Faust und inneren Konflikten.
Im Kern bleibt die Botschaft jedoch unverändert: Mut, Freiheit und Widerstand gegen Unterdrückung – diesmal jedoch stilistisch verpackt als internationaler Actionfilm.
„William Tell“ läuft ab dem 31. Juli flächendeckend in den Schweizer Kinos. Wer offen für Neues ist und dennoch die klassischen Werte der Tell-Sage würdigt, sollte diesen filmischen Perspektivwechsel nicht verpassen.